-moz-user-select:none; -webkit-user-select:none; -khtml-user-select:none; -ms-user-select:none; user-select:none;

Sonntag, 8. Juni 2014

Kann man Joggen echt lernen? Teil 4

Wir sind noch immer in Woche 6 meines Joggingkurses (letzten Sonntag war ich etwas voreilig – rein technisch waren wir da noch in Woche 5) – nächste Woche ist Woche 7.

Vor einer Woche – in meinem letzten Post – ging es um mein anhaltendes Jogging-Elend. Um die nicht besser werdende Quälerei.

Der Held war zu Besuch und wir sind gemeinsam Joggen gegangen (meine Hausaufgabenrunde…). Warnung: bei Jedem, der sich gerade ausmalt, wie wir in Partnerlook nebeneinander her joggen und wie “eines dieser Pärchen” aussehen, komme ich persönlich vorbei und korrigiere die betreffenden Hirnwindungen, welche dieses Hirngespinst-Bild erzeugt haben…

Wir joggen nicht nebeneinander! Und hintereinander auch nur so lange, bis der Held und seine Staubwolke vor mir am Horizont verblassen. Die Familie des Helden ist nämlich Lauf-verrückt und er ist selbst an einem für ihn eher schlechten Jogging-Tag noch mindestens 50% schneller als ich. Okok, Ihr habt ja Recht: schneller sein als ich ist nicht sooo schwer (kann Klaus – mein über 80jähriger AufgleicherHöheJogger bestätigen…). Das Paradies in Jena (jahaa, der Park hier heißt wirklich so) bietet verschiedene Jogging-Strecken und so kann man auch als unterschiedlich fitte Menschen gemeinsam loslaufen und sich am Ende wieder treffen.

Aber zurück zu unserem Jogging-Ausflug:

Der Held verblasst also am Horizont – er läuft die große Runde – und ich schnaufe vor mich hin auf der kleinen Runde. Es ist warm. Noch bin ich im Schatten. Ich schlage mich recht gut. Meine gefürchteten 15 Minuten des Horrors am Anfang eines jeden Joggingversuchs finden anscheinend nicht statt. Einfach so. Kein Horror. Ich jogge verwundert weiter. Es kommen kleine Seitenstechen-Episoden. Ich atme sie tapfer weg. Ich jogge noch immer. Ich habe noch nicht unterbrochen/angehalten/Walkingpausen gemacht. Ok, es sind ja auch “erst” 15 Minuten (bin ich verrückt? 15 Minuten schaffe ich sonst nur im besten aller Fälle NACH meinen 15 Minuten Horror). Die kleine Runde sind 3,4 km. Das ist ziemlich viel für mich. Hoffentlich muss der Held nicht ewig auf mich warten nachher.

Minuten später – ich jogge noch immer. Die Verwunderung nimmt zu. Wieder kleines Seitenstechen. Kriege ich in den Griff. Schön atmen. Immer schön atmen.

Ich bin kein richtiger Jogger – ich will erst einer werden. Das bedeutet in meinem Fall, dass ich “locker joggen und sich dabei entspannt unterhalten” NICHT hinkriege. Entweder ich jogge, oder ich gehe und rede. Joggen und Reden schließen sich noch aus. Also ist Atmen gerade mein Hauptfokus (ist ja eh keiner da zum Reden – perfekt). Idealerweise soll man ca. 3-4 Schritte lang einatmen und dann auch 3-4 Schritte lang ausatmen. Das klappt. Aber nicht sehr lange. Irgendwann wird es 2-3 Schritte lang. Aber hey: ich jogge. Noch immer! Mein Blick auf die Uhr sagt über 20 Minuten. Ich kenne die Strecke vom Laufkurs her und weiß, was ich noch vor mir habe. Ich will stehenbleiben. Ausruhen. Ein Eis! Aber noch mehr will ich das nutzen, was ich gerade habe – ich jogge am Stück!!! Nie zuvor habe ich so lange am Stück geschafft!

Ich nutze keine der Abkürzungen. Wenn ich das durchhalten sollte (mein Optimismus diesbezüglich wächst mit jedem Schritt), dann will ich die vollen 3,4 km geschafft haben.

Aber noch bin ich nicht da. Noch ist es ein weiter Weg und ich bin ja nicht fit. Noch lange nicht. Also vielleicht halte ich es auch nicht bis zum Ende durch…

Ich bin schon wieder um eine Ecke der Strecke. Wieder ein Stück geschafft. Ich bleibe nicht stehen. Mein Körper müsste mir jetzt schon wirklich ernste Signale schicken, damit ich anhalten würde. Es scheint machbar. Ich – also ICH – die Unsport-Braut. Ich könnte es schaffen.

Zeit spielt keine Rolle mehr. Mir ist es vollkommen egal, wie lange ich brauchen werde. Ankommen. Atmen. Bloß nicht anhalten. Das Seitenstechen kommt nicht wieder.

Die vorletzte Kurve. Weidenpollen setzen mir zu. Die Sonnenbrille hält sie wenigstens von meinen Augen ab. Pollen wären eine gute Ausrede, um anzuhalten. Aber es ist nicht mehr weit und ich WEISS inzwischen, dass ich es schaffen kann. Niemand ist mit mir unterwegs, niemand steht am Rand und jubelt. Mein Ding. Nur meins.

Ich gebs zu – ich werde emotional. Mit mir selbst. Ich schaffe das! In echt! Der einzig mögliche Stopper könnte werden, dass der Held hinter der letzten Kurve sichtbar wird – auf mich wartend – und meine Emotionen sich vielleicht nicht zügeln lassen. Das hat mit dem Helden in erster Linie nix zu tun. Ohne Zeugen kann ich mich einfach besser zusammenreißen.

Letzte Kurve. Scheiß Pollen. Ich jogge noch immer. Jawoll! Der Held ist nicht zu sehen. Also keine Tränen. Die letzten Meter. Nur ich und mein oller Körper. Ich bin da. Wirklich da. 3,4 km in ca. 30 min. Keine olympischen Werte aber das ist mir sowas von egal.

Ich konnte in meinem ganzen Leben keine 5 Minuten am Stück joggen und jetzt?!? Wie geil ist das denn?????

Vor einer Woche alles doof und nun? Einfach ein guter Jogging-Tag. Ich werde wohl stärker durch die Übung (seit 6 Wochen 2x die Woche Jogging-Leid hat wohl doch was gebracht…). Ob ich das wohl wieder schaffe? Oder nur einmal im Leben? Werde ich vielleicht doch noch ein Jogger?

Keine Ahnung, aber nach 15 Minuten kommt der Held an und ich strahle ihn an wie ein Uranstab. 


Heute zumindest war ich ein Jogger.

IMG_1399

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen